Roman-Werkstatt

WRO | Das Lied der Knochenflöte | B.0040

Kapitel 2 # Am Ufer der Blau

 

Einige Zeit später sitzen wir am Ufer der Blau und warten auf dem vorbeifahren Regionalzug. Meine Frau, Annette und Daniel, diskutieren die günstigste Perspektive, um den Zug optimal zu filmen. Annette hofft, dass einer der Radfahrer, die den Weg entlangfahren, auf die Fußgängerbrücke unterhalb der Eisenbahnbrücke abbiegt. Das wäre eine schöne Perspektive..

Währenddessen sitze ich unterhalb eines Gütles, und schaue der träge vorbeifließenden Blau hinterher: Weiter unten gabelt sich die Blau in zwei große Arme, umfließt eine urtümlich bewachsene Insel. Auf der anderen Seite liegen ein Kahn und ein Kanu am Ufer. Ich stelle mir vor, wie damals, vor zwanzig, dreißig, vierzigtausend Jahren, Menschen auf ihren Botten und Einbäumen auf diesem Strom fuhren,..

Frau Dr. Kölbel hatte uns beim Dreh im Urmu ein Modell des Blautals und des... gezeigt: "Das < >tal sieht spitzer, unwirtlicher aus, sagt sie. Denn damals war das Tal erheblich tiefer. Während der Eiszeit verfüllten die Schotter der umliegenden Hänge den Talboden. Der heutige Talboden liegt um einiges höher. "So fünf Meter?" schätze ich. "Je nach Messung um die zwanzig Meter!" korrigiert mich die Museumsleiterin.

Unser Kameramann möchte für seine Aufnahmen eine authentische Regionalbahn über das Modell fahren sehen. Eine Verbindung von Wissenschaft und Spannung: Wanderer, die sehen, wo sie gewandert sind; Wissenschaftler, welche die geologischen Formationen und damaligen Landschaftsverhältnisse begutachten, und Kinder, welche die Modelleisenbahnen sehen.

Hinter dem Modell ein schmaler Raum, von welchem aus die Modelleisenbahnen gesteuert werden: Der Ulmer Spatz.. Die Schienen laufen auf Höhe des heutigen Talbodens. Die Hänge sind karg und kaum bewachsen. Eiszeit. Frau Dr. Kölbel holt ihren technischen Mitarbeiter, Herrn < >..
"Was meinen Sie, wie lange haben wir dafür gebraucht? fragt er mich. Ich überlege, und mein Blick wandert über die hunderte, wenn nicht tausende Bäume, welche die Hänge des Blautals bedecken. "Ein Jahr?" schätze ich. "Drei Jahre!" werde ich korrigiert;: "Jeder Baum ist ein Unikat; Handarbeit. Flüchtlinge haben uns ehrenamtlich dabei geholfen!

 

3

 

Unten im Museum eine große Tafel, welche die Spender aufführt. Sinngemäß: "Diese Spender haben uns mit insgesamt 1,1 Millionen unterstützt!. Darunter entdecke ich auch den Name Fritz Rieber. Ich zeige ihn meiner Frau. Annette freut sich: Fritz Rieber ist ihr Onkel, seine schon vor ihm verstorbene Frau Lisbeth war Annettes Patentante.

Ein Künstlerehepaar, das Blaubeuren zu einem künstlerischen Zentrum gemacht hat. Fritz Rieber war außerdem begeistertes Fördermitglied des urgeschichtlichen Vereins. Nach seinem Tod vermachte er sein Künstlerhaus " Gerbergasse 1" nebst einer Kunstsammlung, den eigenen Bildern und den Bildern seiner Frau Elsbeth Rieber dem Verein. Ein stattliche Summe. In ihrer Jugend fand Annette die Bilder von Tante Elsbeth zu abstrakt. Heute gefallen ihr die Bilder sehr. Zwei große hängen Zuhause bei uns.

"Wir können die Vergangenheit heute auf unterschiedliche Weise rekonstruieren", schreibt William H. Calvin in seinem Bestseller "Der Strom der bergauf fließt": "Die Höhlenmalereien in Frankreich und Spanien erlauben uns einen Blick auf das Leben vor 1100 Generationen, auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit. Die noch existierenden vor-agrarischen Gesellschaften vermitteln uns eine gewisse Vorstellung davon, wie das Leben vor 400 Generationen ausgesehen haben mag, nachdem das Eis geschmolzen war, aber noch vor der Sesshaftwerdung des Menschen und dem Beginn des Ackerbaus. Für die heutigen Inuit (Eskimos) ist die letzte Eiszeit noch nicht vorbei. Ihr traditionelle Lebensweise gibt uns eine ungefähre Vorstellung davon, wie unsere Vorfahren an den Grenzen der Eiszeit überlebt haben mögen, wo man nur durch großes Jagdgeschick durch den Winter kam... Unser Gehirn etwa hat sich sehr rasch vergrößert; das dauerte etwa 100 000 Generationen, von denen 99,6% als Jäger und Sammler lebten, bevor Ackerbau, Zivilisation und Wissenschaft auftraten. Dieses Gehirn benützen wir heute für etwas ganz anderes als für die Aufgaben, die seine Evolution prägten.."

Auch: Zitate aus: Stanford/Bradley: Across American Ice; umnd aus Meltzer: First People in a new world

Ergänzung zu: „Das Lied der Knochenflöte"

 

« Last Edit: April 03, 2017, 12:38:10 PM by Administrator »

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