"Suleika will mit Dir reden!", rief Smerge von der anderen Seite des Großraumbüros. "Ich komme!" rief ich, schob hastig die Dokumente, die sich auf meinem Schreibtisch befanden, zu einem Haufen zusammen, drehte das Sicherheitsschloss am PC um und beeilte mich.
"Was will sie?" fragte ich Smerge, während wir zusammen durch die immer engen Flure zum zentralen Lift liefen. "Weiß ich nicht!" antwortete Smerge und drückte den Knopf am Fahrstuhl. "Seit der Besprechung vor zwei Monaten hat mich die Chefin nicht mehr rufen lassen!" sagte ich. Aber Smerge blieb einsilbig.
Der Lift schob sich abwärts. Abwärts, sieben, acht, neun Etagen in das Felsgestein hinein. Dort, wo auch eine Atombombe unser Hauptquartier niemals würde auslöschen können.
Suleika war in einen Stapel Dokumente vertieft, als ich ihr Büro betrat. Mit einem Blick sah ich die "Streng Geheim" Stempel, die in Pink über die Schrifstücke gestempelt waren. Suleika sah auf: "Setzen Sie sich!"
Das Büro der Chefin war hell - und licht. Durch die Fenster strahlte die Sonne herein und ein Blick hinaus fiel auf grüne Frühlingswiesen und blühende Obstbäume.
Suleika sah meinen Blick und schmunzelte: "Schön hier, nicht?" Ich nickte mit dem Kopf und sagte: "Für ein paar Millisekunden falle ich jedes Mal aufs Neue auf Ihre Monitor-Fenster-Imitationen herein." "In unserer Technischen Abteilung sind wahre Zauberer zugange. Aber das wissen Sie ja selbst!" Ich nickte. Dann wechselte Suleika unvermittelt das Thema: "Ich habe einen Auftrag für Sie" Ich horchte auf; damit hatte ich so schnell nicht mehr gerechnet, nach dem - - Vorfall - - bei meinem letzten Außeneinsatz.
Suleikas Stimme wurde jetzt nüchtern:
"Im TechCOM-Konzern wurde einer unserer Top-Agenten ermordet. Die letzte Info, die wir von ihm hatten, besagt, dass er brisante, sicherheitsrelevante Informationen auf einem Stick sichern konnte - offenbar kompromittieren sie höchste Mitglieder der Konzernleitung. Wir hatten mit ihm eine Übergabe über einen Toten Briefkasten vereinbart. Aber unser Kurier fand dort nichts, und einen Tag später war er tot."
"Tot?" fragte ich.
"Versehentlich vom Dach der Konzernzentrale gestürzt!" heißt es im Bericht: "er hat sich für ein Selfie wohl zuweit über die Brüstung gebeugt.."
"Irgendwelche Spuren?"
"Nach einem Sturz über 20 Stockwerke? Nicht daran zu denken! Unser Forensiker sagt, es sind sämtliche seine Knochen gebrochen. Selbst das Felsenbein - der härteste Knochen im Schädel!"
Ich schluckte. Dan hatte ich von früheren Einsätzen her gut gekannt.
"Sie werden dort hingehen, und bei TechCOM nach dem Rechten sehen. Und vor allem: Finden Sie den Stick!"
"Wie werde ich eingeführt?" fragte ich Suleika.
Suleika sah mich scharf an: "Sie bekommen eine Legende: Sie sind verdeckter Mitarbeiter der Bundespolizei und sollen entsprechenden Verdachtsspuren auf Mord nachgehen - -"
Meine Nackenhaare sträubten sich: "Ich soll - wie bitte?" "Ja, Sie spielen sich selbst. Nur nicht als Mitarbeiter vom W77, sondern als Mitarbeiter der Bundespolizei.
"Das heißt", schlussfolgerte ich: "Wer auch immer bei TechCOM hinter dem Mord an Dan steckt, wird sich sehr intensiv um mich kümmern!" "So ist der Plan!" sagte Suleika und nickte. Und wer Suleika kannte, wusste, dass die Chefin des W77 von gefassten und beauftragten Plänen nicht mehr abweichen würde. Um keinen Milimeter.
"Ihr Einsatz beginnt morgen!" sagte Suleika und schob mir eine rote Pappakte quer über ihren Schreibtisch. "Machen Sie sich mit den Tatsachen und Ihrer Legende vertraut. Dann holen Sie noch heute Abend ihre Ausrüstung von der Technischen ab. Und morgen pünktlich um 8 sind Sie bei TechCOM an der Pforte!" Suleika nickte mir noch einmal zu: "Sie können jetzt gehen!"
E N D E